Fahrradlieder

Fahrradlieder

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== Fahrradlieder
== Fahrradlieder
(Von Burned) ==
(Von Burned) ==
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Und als ihre Augen ganz ölfeucht blinken:
Und als ihre Augen ganz ölfeucht blinken:
Was ist, fahrn wir noch, an die Ecke was trinken?
Was ist, fahrn wir noch, an die Ecke was trinken?
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Version vom 22:39, 2. Mär. 2013

== Fahrradlieder (Von Burned) ==


Expressionistische Überlandfahrt

Rrrr, rrr, rrr, tk, tk, tk pfeifst du, sirrst du, singst du mir. Wenn der Wind dir, sirr, durch die Speichen fährt, singst du windgenährt Mein musikdurchdrungenes Alurennrad. Dein frisch gehäutetes Kirschrot leuchtet und glänzt schelmisch matt bei Tag Und glüht in der Nacht, ich weiß es, wenn du träumst von der Jagd durch die Stadt, vom Sprung über die Schwelle vom schräg gebissenen Straßenbahngleis.

Dann werden wir überlandfahren, wenn das Land vom Winter befreit. Wie Windräder im Sturm deine Laufräder schwirren. Die rasende Wut in den Naben gefangen, macht dich rotieren. Dein Kopf vibrierend gesenkt, blitzige Kreise in den gespannten Rädern, gegenläufige Räder aus Licht.

Ja, lass uns überlandfahren! Die autogeschundenen Städte werden wir meiden – solangs dich nicht nach andren Rädern sehnt, nach Kettenöl oder einem neuschneefrischen Lenkerband, das kühlend und fest um deine stolzen Hörner ich wickle.

Mein mir gefundenes, musikdurchdrungenes Alurennrad. Einst hab ich dich gerettet aus dunklen Kellergewölben, nun trägst du mich ans Licht. Lass uns nach Holland fahren, wo alle Räder frei sind, und dort an den Grachten werden wir die silberspiegelnden Wasser betrachten.


Columbina (frei nach Rilke)

Aus den schattigen Hallen des Händlers hab einst ich dich freigekauft In einer auch mir dunkelen Stunde. Frei nun, lehrtest du mich erst, was Freiheit doch ist: Lässig die tägliche Bedrängnis umspielen. Nicht den buckligen Ölfressern eifernd sich wehren, nein, In gelassener Ruhe spöttisch umkurven sie nach Taubenart.

Bald zeigtest du mir die Wege zum Fahrradvolk Das einmal im Monat sich findet Und ewig dank ichs dir. Ach könntest du weiter mit mir Die uns gewonnene Freiheit doch teilen Wie bitter wird mir ums Herz Wenn ich dich so grausam entseelt Am Dachboden aufgebahrt finde Wo immer noch täuschend lebendig du liegst

Da schreit es in mir: Nein und nie und nimmer, sie ist nicht tot, wie kann Columbina denn sterben! Dann reiß ich sie an mich, doch kraftlos fällt Ihr das vordere Laufrad zu Boden. Das auch das Leben der Räder nicht ewig währt, wie könnt ichs nicht wissen, der´s so Schmerzvoll erfahren. Doch hört und empört euch mit mir: Nicht so, nicht auf die Weise, nicht so zur Unzeit, nicht aufgrund eines schnöden, Billigen Schlampigkeitsfehlers aus Kostengründen der Produktion! Oh, Columbina, lass Mich finden jene schurkischen Outsourcer, die solches verbrochen an dir, sie durch Deine Speichen flechten und solcherart Rädern! Tränen vergieß ich bis dahin über dich Columbina und dein viel zu früh Zerbrochenes Ausfallende!


Rhinos-Zerros (Eine klassische Ode nach Schiller)

Doch du, Rhinos Zerros, woher kamst du? Dich schufen wir in den Kellern, wo das Radvolk sich birgt um Kräfte und Räder zu nähren. Gegen den täglichen Feind der Menschen und Räder, gegen die alleszerfressenden Autos zu wehren solltest du uns zur Seite stehn, ein Rammbock uns werden, wie sie ihn noch nicht gesehen. Das schon dein Anblick die tolldreisten Ölvampire allen Mutes beraube und bis ins Getriebe macht zittern.

Doch was wuchs uns Verwegenen entgegen aus den brodelnden Töpfen der untergründigen Fahrradküche? Wurdest du, wie viele sagen, vom prometheischen Funken des Analog-Schweißgeräts mit göttlichem Geiste beseelt? Oder ließest du selber dich, oh großer Rhinos-Zerros, schaffen durch uns, duch unsre bescheidenen Hände hindurch? Sie sagen, unsere läppischen Feinde, ein totgebornes Reptil seist du. Ja, wahr: Du wurdest aus den gefundenen Knochen der Fahrradurzeitgerippe gerichtet – doch von neuem zum Leben erwecktest du dich und stehst nun da, vielfachgeborener vor uns, einem Dionysos gleich.

Ein unbegreifliches Rätsel ist deine bloße Gegenwart und nimmer wagen wir dich zu brauchen, zu den schnöden Zwecken des Krieges. Immer werden wir staunen und zaghafter Zweifel Opfer, wie deine Schweißnähte halten, verzeih, wir könnens nicht ahnen, oder wie deine Formen den Gesetzen der gyroskopischen Kräfte hohnlachen und doch sie nicht brechen.

Deine ehrfurchtserweckende Größe zieht alle Blicke auf sich, und du weißt es, doch bleibt dein Geheimnis in dir, ja muss es dort bleiben, gleitet doch unser armer Verstand daran ab wie der hungrige Fuchs auf dem Eis. Und lächelst du heimlich dazu und verzeihst tatsächlich und schweigst und trägst uns noch willig und voll erhabner Geduld auf deinem kräftigen Rücken, den Autoheeren zum Schrecken.

Ein göttlicher Freund der Menschen bist du, Rhinos-Zerros. Ob geschaffen aus prometheischen Funken, ob durch dich selber zwiefach geboren. Doch manchmal, hab Nachsicht, macht deine Größe uns schaudern.


Fieselotte (frei nach Brecht)

Da lachst du dazu, Fiselotte Und bist schon wieder ganz blau: Zum Kotzen dies Getue, diese ach so hohen Gefühle Interessiern ja doch keine Sau! Wer ists denn am Ende des Tags, der dich Trunkenbold Bei jedem Wetter nach Hause bringt Während du davon schwärmst, wie Columbina dir hold Oder wie schön die rotgesichtige Lady in deine Schweinsohren singt?

Nein, weich mir diesmal nicht aus, dies einemal sag ichs im Ernst: Was hilft dir denn deine noble, musikbeduselte Fee, wenns zum Beispiel Eis regnet oder auch nur ein klein wenig Schnee? Ach, ich hör lieber auf, weil du ja doch nichts draus lernst.

Nein, eins noch dann wird’s mir schon fad: Was hilft dein erbärmliches Klagen Über die längstverflossene Erste? Ein am Lauf zerbrochenes Rad Wird dich niemals nach Hause tragen! Ja, ja, ich weiß, du begehrst se!

Nein, doch noch eins, ein letztes noch bloß: Es geht um den saublöden Gernegroß Das ists was mach am meisten stört: Dein mystisches Herumgetue Um den ach so großen Rhinozeros Der noch nicht mal dir gehört Hätt ich abgetragene Schuhe Ich würfe sie ihm auf die Kurbel Soviel auf deine Mystik und dein mystisches Rhinos-Zerros Geschwurbel. Sag, gibt es in dieser Stadt irgend ein anderes Rad Das eitler noch sich gebärdet, bei jeder noch so kurzen Fahrt? Zum Beispiel als du Bier holn warst in jener langen Juninacht mit deinem Urzeitgerippe Da hatte dich doch ganz schnell die Streife an der Strippe Das hat dir dann Alko-Strafe eingebracht! Du grinst? Was hast du noch bezahlt als Frohn? Einen ganzen Monatslohn, den du ja ohnehin nie unversehrt nach Hause uns bringst. Doch sing nur weiter, verliebter Tor Wenns mal wirklich um was geht Ziehst du ja doch nur mich Allen anderen Rädern vor.

Schweigend sitz ich nun da in meines Fahrradschuppens Kühle Wie hätt ichs nicht ahnen sollen: Auch Fieselotte hat Gefühle Doch ich unbereifter Esel hab das gröblich übersehen. Daher ihre ständigen, kleinen und fiesen Gebrechen: Bremse, Schaltung, Politur, Sie wollte mir doch nur ganz nach Fahrradnatur aufrüttelnd ins Gewissen stechen. Und ich, oh träf mich doch der Höhenschlag, Seh nur wie ich mich müh´und mich plag An ihren, ich nenn´s, wie´s ist: Zärtlichkeitserweisen und entblöde mich dabei nicht, ihr andere Räder hochzupreisen!

Ja, sie ist nicht mehr die Schönste Und wars vermutlich auch nie Tatsächlich wirft ihr Lack schon Falten Doch würd ich mich, wie sie sagt, in der Not Nie an eine andre halten. Da fühle ich eine Woge schmerzlichster Liebe von mir auf sie übergehn Und weiß jetzt genau und ganz unbesehn Noch nie fühlt ich so rein und so echt Und sag zu ihr mit bebender Stimme: Fieselotte, du hast ja so recht! Und als ihre Augen ganz ölfeucht blinken: Was ist, fahrn wir noch, an die Ecke was trinken?


Externe Hinweise

Thread ueber Fahrrad-Lieder auf cm.at